An dieser Stelle ist bereits das Climategate vom November 2009 erwähnt worden. Inzwischen wurden die in den Emails benannten Wissenschaftler offiziell rein gewaschen, siehe z.B. Oxburgh und Penn.

Offensichtlich ist es derzeit politisch nicht gewollt, dass Verhalten der Wissenschaftler und die gesellschaftlichen Hintergründe zu beleuchten.

Das aber hat jetzt A.W. Montford in seinem Buch The Hockey Stick Illusion. Climategate and the Corruption of Science gemacht. Das Buch ist eine spannende wissenschaftliche Detektivgeschichte. Es beschreibt die Versuche, zu verstehen, wie Michael Mann’s Kurve von 1998 entstanden ist; ob und wie sie aus den Daten reproduzierbar ist. Dabei orientiert es sich an den Veröffentlichungen von Steve McIntyre und Ross McKitrick. Was sich bei dem durchaus legitimen Versuch, die wissenschaftliche Arbeit eines Anderen detailliert zu untersuchen, alles ereignet hat, wirft einmal mehr ein äußerst trübes Licht auf den heutigen Wissenschaftsbetrieb. Es verstärkt sich das Bild, dass am Anfang der aktuellen Klimadiskussion eine wissenschaftliche Arbeit steht, die voll von methodischen Fehlern ist. Die aufgedeckten Netzwerke machen deutlich, dass es kaum unabhängige Analysen zum Thema gibt. Ein kleiner Kreis von Klimaforschern kontrolliert noch immer, was zu diesem Komplex geschrieben werden darf. Das wird besonders deutlich in den Vorfällen um die Erstellung, den Review und die Veröffentlichung der einflussreichen IPCC-Assessment-Reports (Intergovernmental Panel on Climate Change).

Auch ohne Climategate (bei dem sich übrigens die Vermutungen mehren, dass es wohl ein Insider war, der die Emails und Daten veröffentlichte, kein “Hack”) wäre das Buch eine überragende Analyse gewesen. So aber belegen die neu verfügbaren Emails, die am Ende des Buches noch Eingang gefunden haben, in ihrer Verzahnung mit den früher erstellten Berichten über McIntyres Arbeiten in beeindruckender Weise das Fehlverhalten der Wissenschaftler.

Das beginnt mit der Verschleppung bis hin zur Verweigerung der Veröffentlichung von Basisdaten, die eine unabhängige Analyse der wissenschaftlichen Beiträge erlauben, und geht noch darüber hinaus. Geheimhaltung der Basisdaten kennt man auch in anderen Bereichen, z.B. der Dendrochronologie. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass Reproduzierbarkeit ein wesentliches, definierendes Merkmal naturwissenschaftlicher Arbeit ist. Es ist schon bezeichnend, wenn im Rahmen des “Peer-Review”-Prozesses solche Anfragen selten bis gar nicht gestellt werden. Das heißt dann wohl, dass wissenschaftliche Beiträge in diesem Prozess bestenfalls oberflächlich geprüft werden.

Das “Peer-Review” hat nach Montford in erster Linie die Aufgabe, zu prüfen, ob ein Beitrag “beliebt” ist – erst in zweiter Linie sollen Fehler entdeckt werden. Während inzwischen mehrfach gezeigt worden ist, dass es letztere Aufgabe kaum erfüllt und schlicht ungeeignet ist, Betrug zu erkennen, erledigt es die erste Aufgabe offenbar sehr gut, denn es ist ein wertvolles “Gatekeeper”-Instrument, das jeweils nur einem kleinen Kreis (Zitations-Zirkel) gefällige Beiträge zulässt. “Peer-Review” hat eher etwas mit Konformität denn mit Korrektheit zu tun.

Nun ist es oft kaum möglich, einen Beitrag vor der Veröffentlichung genau zu prüfen. Um so wichtiger ist es – erstens – die Daten für eine spätere unabhängige Prüfung zur Verfügung zu stellen und – zweitens – Beiträge, die sich kritisch mit den eigenen Arbeiten beschäftigen, nicht durch das ganze Arsenal zu verhindern, das auch schon die Velikovsky-Affäre auszeichnete. Das Ziel muss eine offene Diskussion der Daten, Methoden und Ergebnisse sein.

Ein absolut lesenswertes Buch, das man kaum aus der Hand legen kann.